Auf dem weiten Weg in den Leistungssport

NLZ

„Auf verschiedenen Wegen zum Ziel.“ Diesen Satz zu verstehen und mit Leben zu erfüllen, ist für Eltern und deren Sprösslinge manchmal schwer nachzuvollziehen. Selten nimmt die Karriere eines jungen Sportlers die direkte Richtung über die „Autobahn“, denn unvermittelte Staus bremsen, eventuell nimmt man eine Abfahrt oder den Weg über die Landstraße, „um dann wieder richtig Gas zu geben.“ Johann, Kristofer und Toni – alle zurzeit aktiv in der U12 des 1. FC Magdeburg – hatten in ihrer bisherigen sportlichen Laufbahn das Glück des Tüchtigen oder auch das Glück der richtigen Entscheidungen auf ihrer Seite. Auch das unmittelbare Erlebnis, dass es jemand aus dem schulischen und sportlichen Umfeld „geschafft hat“, spielt in diesem jungen Alter eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Vor einem Jahr erlebte Johann als Fünftklässler am Magdeburger Sportgymnasium, wie der jetzige Stammtorhüter der U23 vor dieser Klasse seine Klausurersatzleistung im Fach Musik vorstellte. Noch heute wirkt diese halbe Stunde nach – „denn da war ein Profi bei uns im Unterricht!“ Seit seinem fünften Lebensjahr spielt Johann mehrmals in der Woche Fußball; erst schnürte er die Fußballschuhe beim MSV Börde, dann bei Arminia Magdeburg. Das Stützpunkttraining und die Bewerbung zum Sichtungstraining ebneten ihm den Weg an das NLZ. Ein souverän bestandener Aufnahmetest für das Sportgymnasium bereitete dem jetzt 12-Jährigen einen frühen Einstieg in eine professionelle schulische und sportliche Betreuung. Trainingskamerad Toni ist über die Empfehlung seines damaligen DFB-Stützpunkttrainers zum NLZ gekommen. Beide haben das Sichtungstraining für U-11-Spieler in guter Erinnerung.

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Florian Hösel ist Leiter Grundlagen- und Aufbaubereich. 

Der verantwortliche NLZ-Trainer, Florian Hösel, beschreibt diese fest im Terminplan verankerte Maßnahme: „Wir beginnen mit einfachen Spielrunden auf fünf bis sechs Feldern mit verschiedensten Toren in unterschiedlichen Zuordnungen. Das ist als eine reine Vorsichtung zu verstehen, um zu sehen, wer gewisses Talent hat.“ Das DFB-Stützpunktsystem spielt in diesem Prozess noch keine Rolle, da die Stützpunktförderung an den verschiedenen Standorten erst am Ende der U11 beginnt.

Wer es schlussendlich in die U12 des Zweitligisten geschafft hat, spielt nun im jüngsten Team des Vereins. In der Regel haben diese Jungs schon mindestens vier Jahre angeleitetes Training bei ihren Heimatvereinen absolviert. „Ein erster Talentstatus wurde ihnen dort schon vom verantwortlichen Trainer bescheinigt. Für unsere Arbeit jedoch müssen die Jungs eine überdurchschnittliche Spielfähigkeit mitbringen, also in Technik, Tempo oder auch in körperlichen Belangen überzeugen.“ Maximal zehn Jungs oder auch Mädchen werden in die U12 aufgenommen. Ab und zu dürfen Gastspieler mittrainieren, bei denen sich das Trainerteam noch nicht ganz sicher bezüglich einer möglichen NLZ-Aufnahme ist. Von den zehn Spielern der aktuellen Mannschaft besuchen bereits vier Jungs eine der beiden Magdeburger Sportschulen.

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Johann Keetmann, Kristofer Liebke und Toni Lüdecke. 

Dreimal pro Woche trainieren die jungen Kicker auf dem Gelände des Nachwuchsleistungszentrums. Die Spielfähigkeit im Team steht im Mittelpunkt, um die Basistechniken zu festigen. „Eins-gegen-Eins, erster Ballkontakt, Ballannahme, Ballmitnahme und Tempodribbling – verbunden mit Übungen für die Handlungsschnelligkeit und die körperliche Kräftigung“ - all das liest sich wie ein optimaler Ausbildungsweg für junge Nachwuchskicker und wird auch so umgesetzt. Die Freude und der Spaß am Training bleiben durch verschiedenste Übungen hoch.

In dieser Altersklasse findet noch kein Ligabetrieb wie bei den älteren Mannschaften statt. Mangelnde Wettkämpfe?  Fehlanzeige, „denn die Teilnahme an Freundschaftsspielen, Leistungsvergleichen oder Turnieren zu organisieren, ist durch die Nähe zu Berlin und den Nachwuchsleistungszentren in Niedersachsen kein Problem“, so Florian Hösel. Durch diese nicht einem strengen Reglement unterworfenen Wochenenden werden die Jungs an regelmäßige Wettbewerbe herangeführt, denn auch die quantitative Belastbarkeit ist Bestandteil der fußballerischen Ausbildung.

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U-12-Spieler Niklas Piechoki (li.) im Heimspiel gegen Tennis Borussia Berlin.

Einen Verbleibetest müssen die Jungs nicht absolvieren. „Wenn wir uns für die zukünftigen U-12-Spieler entscheiden, dann sind sie erst einmal sicher zwei Jahre bei uns und können sich in Ruhe entwickeln. Im letzten Jahr des Aufbaubereichs (U14) fallen dann die ersten Entscheidungen Richtung Leistungsfußball.“ Leistungsdiagnostiken und standardisierte DFB-Stützpunkttests helfen dem Leiter des Aufbaubereich Florian Hösel und den jeweiligen Trainerteams bei der Einschätzung der Jungs.

Johann, Toni und Kristofer wollen so lange wie möglich im Nachwuchsleistungszentrum an der Magdeburger Friedrich-Ebert-Straße spielen. Optimal ist das Durchlaufen aller Mannschaften bis hoch zur U19. Natürlich kann es in diesen Jahren die „ein oder andere Abfahrt, den nicht eingeplanten Stau oder auch das langsamere Vorankommen auf der Landstraße“ geben. Helfende Wegweiser zum großen Ziel, Profi zu werden, gibt es genügend – es gilt, mit eigener Kraft und tatkräftiger Unterstützung diesen Weg zu finden.

Text: Almuth Steinhoff

Fotos: FCM / Norman Seidler