Bittere Abstiege für FCM-Nachwuchsteams

NLZ

Zum „Matchday“ am 11. März säumten ungewöhnlich viele Zuschauer die Kunstrasenplätze am NLZ des 1. FC Magdeburg. Zweimal zeitgleich Nachwuchs-Bundesliga zu erleben, und das zur ebenfalls spielenden „Ersten“ – dieser Umstand lockte tatsächlich den ein oder anderen Fußballfan auf einen windigen Stehplatz anstelle auf einen überdachten Sitzplatz im angrenzenden Stadion. Beide Junioren-Teams mussten an diesem Samstag einen schier unlösbaren Knoten lösen. Trotz avisierter Heimsiege lag der Ligaverbleib der Magdeburger Jungs nicht mehr in eigener Hand. Zwar drehte die U19 in der zweiten Halbzeit innerhalb einer Viertelstunde den 1:2-Rückstand gegen Viktoria Berlin in einen 4:2- Heimsieg – den inzwischen schon besiegelten Abstieg ahnend. Denn eine Viertelstunde vor Saisonende in Magdeburg war im so wichtigen Parallelspiel des F.C. Hansa Rostock gegen den SV Meppen bereits die Entscheidung gefallen.
Das „Flaggschiff“ des Nachwuchsleistungszentrums wird nun nach fünf Jahren Oberhaus, zumindest in der kommenden Spielzeit, nicht in Bundesligagewässern segeln, sondern sich in der A-Junioren-Regionalliga beweisen müssen. Konnte die U19 in der Vorsaison den Ligaverbleib noch knapp ans rettende Ufer bringen, waren in diesem Jahr 18 Punkte aus den 16 Begegnungen der Einfachrunde zu wenig.

Gründliche Analyse nach den Abstiegen

Nach nur einem Jahr U-17-Bundesliga müssen auch die B-Junioren die Segel streichen. Trotz des 2:1-Heimsieges gegen Viktoria Berlin, deren Ligaverbleib bereits gesichert war, genügten 22 Punkte aus 16 Partien nicht, um dem Premierenjahr in der Junioren-Bundesliga eine zweite Auflage folgen zu lassen. „Worst case“: Durch den Abstieg in die B-Jugend-Regionalliga Nordost muss die U16, welche als U17 II einen soliden Mittelplatz in eben dieser Staffel einnimmt, in die Verbandsliga zurückgestuft werden. Quasi ein Dreier-Abstieg, welcher viele Fragen aufgeworfen hat.

U-19-Cheftrainer Daniel Wölfel, unmittelbar nach dem Abpfiff gefragt, verweist auf eine gründliche Analyse: „Wir müssen unsere Schlüsse daraus ziehen, und wir werden uns zusammensetzen.“ Für den Coach stellt das letzte Spiel eine Art Spiegelbild der gesamten Saison dar. Kurz und knapp: individuelle Fehler, welche zu Gegentreffern führen versus fußballerische Qualität, welche ein Spiel „drehen“ kann.

„Gerade zu Beginn der Saison haben wir uns schwergetan, aus vier Spielen nur drei Punkte geholt. Diese Tatsache fällt uns in der Endabrechnung auf die Füße.“ Daniel Wölfel ist sicher kein Freund der großen Rechenspiele und der „Hätte – wenn“ - Argumentation. „Aber es ist halt so, dass in diesem Jahr sechs Absteiger runter müssen (im vergangenen Jahr waren es fünf Teams), dass der eine Punkt uns fehlt und wieder nur eine Hinrunde gespielt wurde.“ Für viele Beteiligte ist dieses Konzept mit einem Saisonende bereits Mitte März schwer nachzuvollziehen. Die spielfreien Monate werden nun mit einem einmalig stattfindenden Wettbewerb für die A- und B- Junioren-Bundesligen, einer sogenannten Sonderspielrunde, gefüllt. Geplant und entschieden vom DFB schon im Winter 2021/22 mit dem Ziel der Planungssicherheit für alle Beteiligten aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie.

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Unsere U17 vor dem letzten Ligaspiel in der B-Junioren-Bundesliga. Foto: Almuth Steinhoff

Dieser Umstand könnte zumindest „eine Chance für die 05er und auch die 06er bieten, sich außerhalb des Liga-Alltags zu beweisen und zusätzliche Spielminuten zu sammeln.“ Für die Jungs des Jahrganges 2004 bedeutet das frühe Ende im Bundesliga-Spielbetrieb hingegen, nahtlos in den Trainings- und Wettkampfmodus der U23 integriert zu werden.“  U19-Kapitän Achilleas Oikonomidis beschreibt mit dieser zielführenden Motivation die derzeitigen Befindlichkeiten des älteren Jahrganges. Aus dem 25er Kader der A-Jugend sind das aber nur wenige Spieler, sodass unter Umständen die recht junge U19-Mannschaft in dieser Bundesliga-Saison auch „Alterstribut“ zollen musste.

Auch die U-17-Jungs müssen in den sauren Apfel des Abstiegs beißen. Nach einem Jahr in der höchsten Spielklasse des Juniorenfußballs heißt es ab Herbst wieder, im Regionalliga-Alltag zu punkten. Die abgelaufene Saison also als Erfahrungszeit? „Die einfache Runde 2022/23, zudem sechs Absteiger – hier hat sich der DFB keinen Gefallen getan“, wird U-17-Cheftrainer Sven Körner deutlich. „Die eigentliche fußballerische Ausbildung trat zugunsten der Ergebnisorientierung in den Hintergrund. Aber nicht zu leugnen ist eben auch das „Liegenlassen“ wichtiger Punkte ohne den angestrebten „Punktedreier“.
Schwächen in der technisch/taktischen Umsetzung von Spielabläufen waren nicht zu übersehen, ebenso die fehlende Kreativität im Umgang mit dem Ball.“ U-17-Kapitän Elias Lorenz spricht von dem sprichwörtlichen „Schlag ins Gesicht“ nach dem Abpfiff des letzten Spiels. „Wir haben unsere Aufgabe gegen Viktoria Berlin gelöst, den Heimsieg klargemacht. Hintenraus fehlte eben dieser eine Punkt in der Tabelle.“ Was bleibt nach dieser Buundesliga-Saison? „Wir sind zu einem starken Team herangewachsen“; beschreibt Elias das Mannschaftsgefüge. Auch Sven Körner sieht trotz des „worst case“ viel Positives: „Die Jungs haben nach negativen Erlebnissen sofort Bereitschaft gezeigt, diese Situationen anzunehmen und aufzuarbeiten.“

Konzentriere nicht deine ganze Kraft auf das Bekämpfen des Alten, sondern darauf, das Neue zu formen. – Wäre Sokrates ein Zeitgenosse, würde diese Weisheit mit Sicherheit eine „Berater“-Stütze sein. U-17-Cheftrainer Sven Körner sieht „in der Situation an sich eine Chance, neue Dinge zu probieren und aufzubauen.“ In den kommenden Tagen werden sich die Trainerteams, angefangen von der U12 bis zur U23 zusammensetzen. Von einer neuen „Magdeburger DNA“ ist bereits die Rede, Tugenden wie Zusammenhalt, Leidenschaft, Emotionen, Konsequenz und Zweikampfverhalten werden neu bewertet und eingeordnet.

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Magnus Baars (links) von der U17 im Duell mit Hamburgs Saido Balde. Foto: 1. FC Magdeburg / Axel Kammerer

Sonderspielrunde für Nachwuchsteams

Der Trainingsbetrieb am Nachwuchsleistungszentrum läuft für die Magdeburger Jungs zeitlich fast unverändert weiter. Immerhin geht es um die langfristigen Spielerentwicklungen – eine abgeschlossene Wettkampfphase bedeutet nicht automatisch, dass plötzlich ein fertig ausgereifter Spieler zur Verfügung steht. Die Spieler der Jahrgänge 2005/2006 bestreiten die DFB-Sonderspielrunde U19 – das erste Spiel gegen RB Leipzig am vergangenen Samstag ging knapp mit 1:2 verloren. In der Gruppenphase folgen noch Spiele gegen Energie Cottbus sowie die SG Dynamo Dresden. Die B-Junioren, welche im Trainingsbetrieb schon den 08er Jahrgang mit hochziehen, spielen gegen Hertha BSC. Weitere Gruppenspiele gegen den 1. FC Union Berlin und den F.C. Hansa Rostock folgen. Zudem warten Begegnungen im Landespokal.

„Alles auf Anfang“ – dieses Szenario wird es definitiv nicht geben, denn das Nachwuchsleistungszentrum an der Magdeburger Friedrich-Ebert-Straße steht auf soliden Füßen. Wegweisend für die Zukunft der älteren Nachwuchsteams sind besonders die kommenden Wochen. Diese Zeit wird zeigen, wie die Aufarbeitung der letzten Wochen geschieht.

Text: Almuth Steinhoff
Fotos: Almuth Steinhoff, Axel Kammerer, Norman Seidler