Entscheidung für den Fußball
Laurenz Thomas und Jannis Leinweber sind kreative Köpfe
Nur noch wenige Tische sind am Dienstagabend in der Mensa an der Magdeburger Friedrich-Ebert-Straße besetzt. Die meisten Sportschüler haben bereits Abendbrot gegessen und sind ins benachbarte Internat gegangen. Unter den wenigen Spätessern sind auch Laurenz Thomas und Jannis Leinweber. Die beiden Nachwuchsfußballer sitzen im hellerleuchteten Fensterbereich; das Abendessen schließt einen langen Arbeitstag ab. Wieder einmal sind beide Jungs nach dem Mannschaftstraining lange auf dem Platz geblieben; Jannis trainierte diesmal die Abschläge, Laurenz kümmerte sich um seinen zweitbesten Fuß.
Von den U17-Fußballern, die am Sparkassen-Nachwuchsleistungszentrum trainieren, wohnen bis auf vier Spieler alle im Sportinternat. „Wir sind wie eine große Familie geworden“, beschreibt der sechzehnjährige Laurenz die blau-weiße Gemeinschaft auf Zeit, die täglich in der Schule und beim Training, aber auch im Internat viele Berührungspunkte hat. So kennen die Mannschaftskameraden auch die „fußballfernen“ Interessen von Jannis und Laurenz. Diese sind nicht zu überhören, wenn es auf dem Flur in der zweiten Internatstage einmal ruhig ist. Aus Zimmer 230 klingt Klaviermusik und in Zimmer 204 wird oft laut gesungen.
Cheftrainer Matthias Buszkowiak durfte schon des Öfteren die Spontanität seines Verteidigers Laurenz genießen: „Wenn er bei mir im Auto sitzt, singt er die Charts hoch und runter.“ Inzwischen ist Laurenz` Stimme auch bei verschiedenen Streaming-Diensten zu hören. Er produzierte zwei Songs gemeinsam mit Papa Stefan Richter und Bruder Julius. Nach dem Titel „Ich denk an dich“ für die Freundin textete er das Lied „Das was zählt“. Klare schnörkellose Texte sind das Markenzeichen, „die sind so, wie ich eben bin“, erklärt der gebürtige Hallenser. Trotz der wachsenden Bekanntheit bleibt die Musik für Laurenz ein schönes Hobby, „denn die größere Leidenschaft gehört dem Fußball.“
Jannis steht seit dieser Saison im U17-Kader des 1. FC Magdeburg und ist einer derjenigen Sportler, die selten nach Hause fahren. Mehr als vier Stunden Zugfahrt trennen den Sechzehnjährigen vom heimischen Oldenburg. Sicher hätte er in Niedersachsen Jugendbundesliga spielen können, „aber ich wollte nach Magdeburg, weil es hier wirklich familiär zugeht und ich sofort super aufgenommen wurde.“ Die Entscheidung für den Fußball und gegen das Leben als Profimusiker ist bei Jannis lange gereift. Die Aussage, „wenn du Weltspitze in der Musik sein willst, muss du täglich bis zu acht Stunden üben“, beschreibt die Situation, vor welcher der Kontrabassist und Pianist vor einiger Zeit stand. „Und das ist nicht meine Art von Leben, denn der Sport ist ein riesiger Teil davon“, fügt Jannis hinzu. Zudem galt es, die Bedenken der Eltern beim Wechsel aus dem gewohnten Umfeld hin in das Internatsleben zu hinterfragen. „Ich kann nicht eben mal nach Hause fahren, wenn es mal nicht läuft“, umreißt Jannis seine neue Schul- und Sportwelt. Auch die Eltern von Laurenz hatten vor dem Wechsel an das Sportgymnasium vor zwei Jahren das Für und Wider abgewogen. „Wenn du es wirklich willst, dann mach es“, waren dann die entscheidenden Worte, die Laurenz nach Magdeburg führten.
Der Erfolg gibt den beiden Jungs recht, zumindest, was den aktuellen Leistungsstand betrifft. „Sie sind beide sehr fleißig“, kommt das uneingeschränkte Lob vom Trainerteam. Jannis und Laurenz standen vor der Corona bedingten Pause regelmäßig in der Startelf. „Ich möchte mein Niveau unbedingt halten, da brauche ich einen gewissen Rhythmus im Training, gerade jetzt, wo es keine Leistungsvergleiche gibt“ - Jannis kennt seinen Körper und weiß auch inzwischen, was er sich zumuten kann. Auch Laurenz ist sehr fleißig und „zieht“ durch seine offene Art den ein oder anderen Teamkameraden „einfach mit auf den Platz“.
Tage ohne Fußball gibt es für beide Jungs definitiv nicht. Und Tage ohne Musik? „Undenkbar!“ Jannis übt regelmäßig Klavier, kümmert sich zudem um seinen YouTube-Channel und komponiert aktuell Kür-Musik für drei Nachwuchsturnerinnen. Laurenz singt „in fast allen Lebenslagen“, außerdem übt er zurzeit an einer anspruchsvollen Instrumentalbegleitung für den Musikunterricht am Gymnasium. Dass sich Leistungssport und Musik durchaus vereinbaren lassen, bewies vor drei Jahren der ehemalige Nachwuchsfußballer Theo Ogbidi. Bei einem Schultheaterprojekt wurde der damalige Zehntklässler aufgrund seiner Tanzbegabung für eine Hauptrolle besetzt. Theo entschied sich trotz einiger Offerten für den Fußball, und genau diesen Weg wollen auch Jannis und Laurenz gehen.
Autorin: Almuth Steinhoff
Foto: Laurenz Thomas und Jannis Leinweber in der gemeinsamen Arbeit.