Zwischen Schulbank und Trainingsplatz

NLZ

Von Almuth Steinhoff
Wenn Lukas Böhm frühmorgens aus dem Fenster seiner kleinen Wohnung sieht, fällt sein Blick auf die morgendliche Autoschlange, die sich nur langsam Richtung Stadtzentrum bewegt. Der 19-Jährige wohnt im Sport-Eliteinternat an der Friedrich-Ebert-Straße, wo für die U19-Spieler eine Etage angemietet wurde.

Während sich die meisten seiner blau-weißen Kollegen zum Lernen in das benachbarte Sportgymnasium begeben, reiht sich Lukas nach dem Frühstück mit dem Auto in den Morgenstau ein; sein Schulweg führt zur Oskar-Kämmer-Schule. Dort lernt er seit knapp zwei Jahren, wird in einigen Wochen die Abiturprüfungen ablegen. Die Partnerschule ermöglicht bei optimalen Rahmenbedingungen eine bestmögliche Kombination aus Bildung und Leistungssport.

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„Ohne Kaffee (meinen Muntermacher), Orangensaft und Müsli geht am Morgen gar nichts.  Ich achte schon sehr darauf, dass ich mich ausgewogen ernähre. Gesunde Kohlenhydrate sowie frisches Obst und Gemüse stehen immer auf dem Speisezettel. Oft gibt es nach dem Nachmittagstraining eine große Portion Nudeln.“

Schon zeitig hat Lukas gelernt, selbst Verantwortung zu tragen: zunächst als junger Spieler im Sportinternat im Dresden, dann als zweiter Kapitän und Mitglied des Mannschaftsrates der dortigen U17-Bundesligamannschaft. Das Wort Führungsspieler benutzt er oft, wenn er über seine Wünsche und Vorstellungen in Sachen Fußball spricht.

Mit einem Zweijahresvertrag ausgestattet, trat Lukas vor knapp zwei Jahren in Magdeburg an, um als Stammtorhüter aufzulaufen. Nicht alle Blütenträume in Richtung Startelf reiften bislang; aber der gebürtige Stuttgarter und jetzt in Grimma Beheimatete reifte im Diskurs um die Nummer 1 im Tor. Ungewöhnlich, aber in Magdeburg durchaus üblich: die „Torhüterpärchen“ verbindet nicht nur Konkurrenz, sondern oft auch echte Freundschaft.

Mit dem gleichaltrigen Tom Schlitter, der zeitgleich zum Sparkassen-Nachwuchsleistungszentrum wechselte, hat Lukas einen Freund auf Augenhöhe gewonnen. Beide fordern sich im Training, sind absolute Team-Player und gehören derzeit zum „Kisten-Quartett“ der Profimannschaft. Gleichberechtigt trainieren sie mit den gesetzten Torhütern Morten Behrens und Timon Weiner. Während Tom als einer der wenigen U19-Spieler einen Vertrag für die 3. Liga hat, beschäftigt sich Lukas mit mehreren Optionen. Zunächst steht das Abitur im Fokus.

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"Hier sitze ich im Englisch-Kurs. An unserer Schule beginnt der Unterrichtstag 8.00 Uhr. Meine Lieblingsfächer sind Mathe und Sport. Für die Trainingseinheiten am Vormittag werde ich freigestellt. Auch sonst bekomme ich Unterstützung, muss dann aber auch viel nacharbeiten.“

Der Wunsch, Polizist zu werden, reifte bei Lukas gerade in den letzten Jahren. Nicht nur das Gardemaß von knapp 1,90 m sollte dabei nützlich sein, sondern auch die Berufserfahrungen des Papas. Eine gute Möglichkeit, Berufsausbildung und Fußball unter einen Hut zu bekommen, sieht Lukas im dualen Studium, gekoppelt mit einem Engagement bei einem Regionalligisten.

Noch aber führt der tägliche Weg zum nahgelegenen Trainingszentrum des Drittligisten 1. FC Magdeburg. Die Torhüterausbildung von der U14 bis hoch in den Männerbereich ist hier hervorragend strukturiert, und die U19-Torhüter schnuppern regelmäßig „Profi-Luft“, zumindest in den Trainingseinheiten. Im Kader der Profis stand Lukas bisher einmal, und in den wenigen Spielen der bis dato ausgesetzten A-Junioren-Bundesliga Saison hütete er zweimal die Kiste.

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„Hier bin ich bei der Trainingsvorbereitung. Es gibt bestimmte, immer gleichbleibende Abläufe. Zum Beispiel nutze ich die Faszien-Rolle, um mich ‚einzurollen‘. Auch die ‚Klamottenfrage‘ muss ich beachten: im Training trage ich blau-weiße Sachen, beim Spiel ein neonfarbenes Shirt; die Hosen und die Stutzen haben dann die gleiche Farbe.“

Der Arbeitstag für Lukas ist lang, gerade jetzt, wo die Abiturprüfungen anstehen. Struktur in den Spagat zwischen Schule und Training zu bekommen, ist immens wichtig. Die Trainingspläne erhält Lukas am Wochenende vorher, so dass schon am Montag der Wochenplan fertig ist. In die aktuelle ToDo-Liste wurde kurzfristig noch das Testspiel gegen die A-Junioren von Hannover 96 eingefügt; für Lukas eine Möglichkeit, die guten Trainingsergebnisse auf den Platz zu bringen.

Und wie sieht Entspannung in der wenigen Freizeit aus? Da steht ebenfalls Sport ganz oben auf der Beliebtheitsliste: Ski alpin, Tennis und Klettern, aber auch Tauchen bieten genügend Abwechslung.
Eines ist sicher, Lukas Böhm wird seinen Weg gehen, „selbständig, selbstbewusst und ehrgeizig.“

Fotos: Lukas Böhm