„Blau-Weiß interviewt“ mit Tobias Müller

„Viel geht über Zusammenhalt,

Charakter und Kampf“

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„Blau-Weiß interviewt“ mit Tobias Müller
Hinter Kapitän Christian Beck absolvierte Innenverteidiger Tobias Müller in den vergangenen anderthalb Jahren die meisten Spiele für den 1. FC Magdeburg. Nicht ohne Grund – der gebürtige Tiefenbronner überzeugt mit Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewusstsein. Letzte Woche erklärte Müller im Interview, was sich unter Cheftrainer Claus-Dieter Wollitz bislang geändert hat, seine Aufgaben innerhalb der Mannschaft und warum er kein Serienjunkie mehr ist.
 
Tobi, als wir dich zum Start in die Wintervorbereitung begrüßten, sahst du gut erholt aus. Wo warst du und wie gut hast du dich erholt?
Über die Feiertage war ich zusammen mit meiner Freundin neun Tage auf den Malediven. Die kurze Winterpause konnte ich also ganz gut nutzen, um mal den Kopf abzuschalten und neue Kraft zu tanken.
 
Wie lange hielt die Erholung an? Denn am 02.01.2020 ging es ja sofort wieder los mit der umfangreichen Vorbereitung.
Genau, es wurde gleich wieder knackig. Gleich zum Anfang hat uns „Kellogs“ (Anm. d. Red.: Athletiktrainer Dirk Keller) mit Treppenläufen gefordert, danach hatte man erstmal vier Tage Pudding in den Beinen. Danach sind wir gleich ins Trainingslager gefahren, wo wir auch viele intensive Tage hatten. Nach dem Urlaub ging es quasi gleich wieder von Null auf Hundert.
 
Kam das Trainingslager für euch als Mannschaft genau richtig, um sich an den neuen Cheftrainer Claus-Dieter Wollitz zu gewöhnen und sich innerhalb eines auf den zweiten Teil der Saison einzuschwören?
Ja, definitiv. Es war ja so, dass er Trainerwechsel geschah und wir ihn zwei Tage in Magdeburg kennenlernten. Im Trainingslager konnte man sich intensiver kennenlernen und sich aneinander gewöhnen. Ich denke, auch für den Trainer war es wichtig, um zu sehen wie wir Spieler so ticken. Als Mannschaft kann man sich im Trainingslager natürlich gar nicht aus dem Weg gehen. Generell verstehen wir uns innerhalb des Teams sehr gut. Ich denke auch, dass die Chemie im Team sehr gut ist, das ist ganz wichtig.
 
Nervt man sich nach acht Tagen auch einmal gegenseitig?
Manchmal verstehen wir uns vielleicht sogar zu gut. Da müssen wir manchmal noch lernen, dass es auch Mal krachen darf, damit der Konkurrenzkampf oder auch die Aggressivität aufs Spiel übertragen werden kann. Wenn es Mal kracht, ist das ja auch nie persönlich gemeint. Das ist so ein Punkt, der mir in der Hinrunde aufgefallen ist. Ansonsten ist es im Trainingslager immer schön, auch die Abende gemeinsam mit den Jungs zu verbringen.
 
„Das wird ein sehr interessanter Prozess.“
 
Wie wichtig ist es, dass man im Training auch Mal kleinere Konflikte austrägt?
Auf jeden Fall ist es so, dass es während des Trainings auch Mal hitziger zur Sache gehen darf. Wenn man sich dann nach der Einheit in die Augen gucken und darüber sachlich sprechen kann, ist das der beste Weg, denke ich.
 
Wie war dein Eindruck von Pele Wollitz nach den ersten Einheiten unter seiner Leitung?
Ich habe von Anfang an gemerkt, dass er das ausspricht, was ihm auf dem Herzen liegt. Dass er ein sehr emotionaler Trainer ist, den Fußball lebt und auch als Spieler gelebt hat. Auch dass er sehr lautstark ist und die Sachen, die ihm auffallen, direkt kommuniziert. In seiner Arbeit ist er sehr akribisch und probiert immer, das Maximum aus uns herauszuholen. Von daher war der erste Eindruck sehr positiv.
 
Wie ist es bei dir, wie nimmst du das auf, wenn du mal etwas lauter von der Seitenlinie angesprochen wirst?
Auch hier muss man ja daran denken, dass er einem damit nichts Böses will und das große Ganze im Blick hat – nämlich, dass wir als Mannschaft erfolgreich sind. Wenn der Ton dann mal härter wird, darf man das nicht persönlich nehmen, er greift einen ja nicht als Mensch an, das hat er auch mehrfach betont. Ich denke, er will, dass man sich in so einem Moment wieder auf seine Stärken besinnt und sich auf seine Aufgabe konzentriert. Wenn alle das beherzigen, sind wir auf einem guten Weg.

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Tobias Müller freut sich über seinen Treffer im Heimspiel gegen Unterhaching. Insgesamt traf er bereits dreimal in dieser Saison.
 
Wie schätzt du die Intensität und den Konkurrenzkampf im Training ein? Viele meinen, dass es nun kommunikativer und lauter auf dem Trainingsplatz ist.
Ja, aber ich denke, dass wir da auch noch Luft nach oben haben. Die Kommunikation wird auch vom Trainerteam von uns eingefordert, weil es ein Punkt ist, der uns weiterhilft. Damit meine ich das gegenseitige Coachen. Jeder von uns hat hier das Recht, den Mund aufzumachen und muss Verantwortung übernehmen. Wenn einem etwas im Spiel oder Training auffällt, sollte das direkt angesprochen werden. Den ersten Schritt dafür haben wir gemacht, bald müssen wir auch den nächsten machen.
 
„Eigentlich bin ich nicht der Lautsprecher.“
 
Schnellstmögliche Rückkehr in die 2. Bundesliga innerhalb der nächsten drei Jahre – wie spannend ist das Projekt für dich und wie schätzt du das Vorhaben ein?
Generell finde ich sehr gut, dass der Verein das gleiche nochmal erleben will, was wir letztes Jahr erleben durften. Jetzt haben wir zunächst einmal gemerkt, wie schwer es ist, viele Spiele in der 3. Liga zu gewinnen. Da müssen wir konstanter werden und die Big-Point-Spiele für uns entscheiden. Das Projekt war natürlich auch ein Faktor bei meiner Vertragsverlängerung. Mein verlängerter Vertrag beinhaltet genau diese Zeitspanne, das wird ein sehr interessanter Prozess.
 
Der Trainer will sich nicht auf bevorzugte Taktiken festnageln lassen, Ziel ist es, erfolgreichen Fußball zu spielen. Aber was denkst du, welche Ausrichtung ist dir am liebsten?
Ich denke, es ist ein Mix aus Defensiv- und Offensivspiel. Klar muss man hinten stabil stehen – man sagt ja nicht umsonst, dass in der Defensive Meisterschaften gewonnen werden. Trotzdem muss nach vorne auch so variabel sein, dass man auch mal ein Gegentor fressen kann und das Spiel trotzdem gewinnt. Im Fußball ist es nicht immer entscheidend, in welchem System man spielt. Viel geht über Zusammenhalt, Charakter und Kampf.
 
„Das zeigt, dass ich mich von Anfang an hier sehr wohl fühle.“
 
Hat sich auch deine Rolle als Innenverteidiger im System von Pele Wollitz geändert?
Er will natürlich auch, dass ich da hinten das Kommando übernehme und meine Neben- und Vorderleute coache. Mit dem Ball und allgemein im Spielaufbau soll ich mutiger werden. Bei mir ist auch noch etwas Luft nach oben und ich kann noch eine Menge dazulernen. Eigentlich bin ich auch nicht der Lautsprecher, aber man hat mich dahingezogen und nun merke ich, dass es extrem wichtig ist.
 
Du bist ein verlässlicher Spieler auf dem Platz, hast dich auch zum Führungsspieler entwickelt und bist auch im Mannschaftsrat. Hast du dir deine Entwicklung beim FCM so vorgestellt, als du 2018 hergekommen bist?
Es kam schon etwas überraschend – zum einen, dass ich hier so gut aufgenommen worden bin und zum anderen, dass ich ab Spiel eins von Anfang an spielen durfte. Das habe ich mir natürlich gewünscht, dafür habe ich alles gegeben. Ich bin sehr glücklich darüber, dass es nun so gekommen ist. Woche für Woche probiere ich, das Vertrauen zurückzugeben. Das zeigt, dass ich mich von Anfang an hier sehr wohl fühle. Dass ich etwas zurückgeben will und mich nicht mit dem Abstieg aus der 2. Liga verabschieden wollte, war auch ein Grund für meine Vertragsverlängerung.
 
Auch im Winter gab es wieder einige Transfers in Liga 3, schaust du allgemein viel nach links und rechts in dieser spannenden Liga?
Das ist eigentlich eine Sache, die ich weniger verfolge. Man kommt eh nicht drum herum und erfährt es dann von Mannschaftskollegen, Kumpels oder ehemaligen Mitspielern. Gezielt schaue ich aber nicht jeden Tag drauf, welche Neuigkeiten es in der 3. Liga gibt.
 
Vor einiger Zeit war „Haus des Geldes“ deine Lieblingsserie. Gibt’s derzeit noch andere Serien, die du abends auf der Couch guckst?
Ich glaube, damals hatte ich noch keine Freundin. (lacht) Deswegen hat sich das mittlerweile schon etwas geändert. Die neue Staffel von „Haus des Geldes“ habe ich mir aber trotzdem angeschaut. Damals war ich noch öfter alleine zu Hause und war so ein kleiner Serienjunkie, das hat sich geändert. Momentan gucke ich recht selten Serien, weil man sich auch manchmal dem Partner anpassen muss. In diesen Serien geht’s dann meist weniger actionreich zu und es kommt zu kleineren Komplikationen. (lacht)
 
Wie entspannst du ansonsten nach einem anstrengenden Tag?
Ich koche sehr gerne, und seit längerer Zeit auch nicht mehr für mich alleine. Das macht auch mehr Spaß und ich kriege eine ordentliche Rückmeldung. Ich glaube, dass es schon ganz gut schmeckt, was ich so mache, sonst hätte ich wohl schon was zu hören bekommen. (lacht)
 
Du lebst nun schon seit anderthalb Jahren in Magdeburg, wie lebenswert ist die Stadt für dich?
Gerade im Sommer finde ich die Stadt sehr lebenswert, weil es dann auch überall schön grün ist. Überall an der Elbe ist es eh immer schön. Zum Shoppen fehlt mir manchmal der ein oder andere Laden, aber das ist kein großes Problem. Ansonsten ist Magdeburg mit vielen schönen Cafés und Restaurants ausgestattet.
 
Am Sonntag stand das größte Sportevent der Welt an – der Super Bowl in den USA. Hast du das Spiel gesehen? Wer war dein Favorit?
Erstmal waren wir ja zum Auswärtsspiel in Mannheim, das war natürlich ein langer Tag für uns. Ich bin aber so ein Typ, der sich nur den Super Bowl anguckt und nicht die Playoffs davor. Ich bin im dritten Viertel eingeschlafen, habe mich aber am nächsten Tag für Kansas City gefreut.
 

Fotos: Sportfotos Magdeburg